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Musterverfahren: Exmatrikulierter Student klagt Fachhochschule

01.04.2016

Exmatrikulierter Student (in weiterer Folge „Kläger“) klagt Fachhochschule (in weiterer Folge „Beklagte“) wegen unberechtigter Auflösung des Ausbildungsvertrags sowie Einhebung von pauschalen Kostenbeiträgen zusätzlich zum Studienbeitrag.

Der Kläger hat mit der Beklagten einen Ausbildungsvertrag für ein berufsbegleitendes Bachelorstudium abgeschlossen. Der Kläger hat bereits zuvor zwei einschlägige technische Universitäts- bzw. Fachhochschulstudien abgeschlossen und ist seit mehreren Jahren unter anderem als Ziviltechniker tätig und auch bei der zuständigen Zivilingenieurkammer eingetragen.

Gemäß § 12 FHStG (Fachhochschul-Studiengesetz) suchte der Kläger bei der Beklagten um Anerkennung von Einführungs- bzw Grundlagenfächern des ersten Semesters aufgrund seiner nachgewiesenen Kenntnisse in den entsprechenden technischen Fächern an. Bei der Anerkennung sind gemäß § 12 Abs 2 FHStG auch besondere Kenntnisse oder Erfahrungen aus der beruflichen Praxis zu berücksichtigen; das gilt insbesondere für berufsbegleitend organisierte Studiengänge und Studiengangsteile.

Diese Bestimmung wurden von der Beklagten aber offenbar nicht berücksichtigt und dem Kläger lediglich ein Bruchteil der Lehrveranstaltungen anerkannt, wogegen der Kläger das ihm nach dem FHStG zustehende Rechtsmittel ergriffen hat.

In weiterer Folge wurde der Kläger von der Beklagten benachrichtigt, dass die Anerkennung der weiteren Fächer endgültig abgelehnt wird, und dass sein erster Prüfungstermin betreffend eine Lehrveranstaltung, um deren Anerkennung der Kläger ersucht hat, durch unentschuldigtes Nichterscheinen verfallen ist. Zum Zeitpunkt des ersten Prüfungstermins war jedoch das Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Der Kläger durfte daher davon berechtigt ausgehen, dass ihm die Lehrveranstaltung aufgrund seiner technischen Vorbildung und beruflichen Praxis anerkannt wird.

Ferner wurde dem Kläger mit demselben Schreiben mitgeteilt, dass er die Anwesenheitspflicht in derselben Lehrveranstaltung nicht eingehalten hat und somit aufgrund der Studienordnung der Beklagten auch einen weiteren Prüfungstermin (= 1. Wiederholungsmöglichkeit) verwirkt hat. In diesem Zusammenhang ist beachtlich, dass zum einen der obligatorische Besuch der Lehrveranstaltung den Studierenden nicht in der (in der eigenen Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten) vorgeschriebenen Weise mitgeteilt wurde und zum anderen, dass das FHStG den Verlust eines Prüfungstermins lediglich bei „nicht ausreichend begründetem Nicht-Antreten“ vorsieht. Zudem hat der Kläger auch die betreffende Lehrveranstaltung regelmäßig besucht, sodass er selbst bei Vorliegen einer Anwesenheitspflicht diese erfüllt hat.

Schließlich wurde dem Kläger gleichzeitig der Termin für eine kommissionelle Prüfung bekanntgegeben. Bereits 4 1/2 Stunden später hat der Kläger aber dem Vorsitzenden für die kommissionelle Prüfung mitgeteilt, dass er aufgrund einer Operation, die bereits länger geplant war, die kommissionelle Prüfung nicht absolvieren wird können. Der Kläger hat der Beklagten auch umgehend nach der Operation und seiner Entlassung aus dem Krankenhaus die Aufenthaltsbestätigung des Krankenhauses gefaxt.

In weiterer Folge wurde dem Kläger von der Beklagten dann jedoch mitgeteilt, dass sein Ausbildungsvertrag aufgelöst wird, dies wegen Nichterscheinen zur kommissionellen Prüfung ohne ausreichenden Grund. Dem Kläger wurde auch die im FHStG vorgesehene Möglichkeit der einmaligen Wiederholung eines Studienjahres infolge einer negativ beurteilten kommissionellen Prüfung verweigert.

Das zuständige Gericht wird daher nun insbesondere folgende Fragen im gegenständlichen Musterverfahren zu entscheiden haben:

  • Wurde die Anerkennung der Lehrveranstaltungen von der Beklagten zu Recht abgelehnt oder hätte diese aufgrund der vorherigen Ausbildung sowie der beruflichen Kenntnisse des Klägers die beantragte Anerkennung von Lehrveranstaltungen anerkennen müssen?
  • Sind die Teilnahme an Lehrveranstaltungen und der Antritt zur Prüfung während eines laufenden Anerkennungsverfahrens verpflichtend?
  • Kann in der individuellen Prüfungsordnung der jeweiligen Fachhochschule (abweichend von FHStG) die weitreichende Konsequenz eines automatischen Verlustes einer Prüfungsantrittsmöglichkeit bei Unterschreiten der Anwesenheitspflicht postuliert werden? Selbst wenn die erforderliche Anwesenheitsquote den Studierenden nicht in der in der eigenen Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten vorgeschriebenen Weise mitgeteilt wurde?
  • Ist der Nichtantritt des Klägers zur kommissionellen Prüfung aufgrund einer bereits seit länger geplanten Operation als ‚nicht ausreichender Grund‘ zu werten, obwohl der Kläger dies der Beklagten rechtzeitig bekanntgegeben hat und auch umgehend nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus eine entsprechende Bestätigung an die Beklagte übermittelt hat?

Ein weiterer Klagegrund stellt die Einhebung von pauschalen Kostenbeiträgen von der Beklagten zusätzlich zum Studienbeitrag dar. Nach dem FHStG ist nämlich die Einhebung von pauschalen Kostenbeiträgen über den gesetzlichen Höchstbetrag hinaus nicht zulässig. Lediglich die Einhebung von tatsächlich individuell angefallenen Kosten ist möglich, diese sind jedoch mit dem Studierenden individuell abzurechnen.

Im gegenständlichen Fall schreibt die Beklagte sämtlichen Studierenden jedoch jedes Semester einen gleich hohen Kostenbeitrag zusätzlich zum gesetzlich vorgesehenen Höchstbeitrag vor und verlangt die Einzahlung gleichzeitig mit der Studiengebühr. Eine – wie vom Gesetz geforderte – individuelle Abrechnung mit dem jeweiligen Studierenden erfolgt nicht. Das erkennende Gericht wird daher auch entscheiden müssen, ob diese Vorgehensweise der FH rechtmäßig ist oder nicht.

Über die weitere Entwicklung wird weiterberichtet.